Othello von Ottenthal
PN 2011/267

Mein wohlklingender Name verbirgt eine traurige Geschichte. Ich stamme auch aus dem furchtbaren Notfall von Ottenthal. In der Freiheit - ohne menschliche Einmischung geboren - habe ich wie ein Wildkaninchen zu überleben versucht. Bei der mir von Menschen angezüchteteten Fellfarbe ist ein Überleben in freier Natur für mich aber auf Dauer nicht möglich. Wir waren vielen Feinden ausgesetzt und auch mit manchen Zweibeinern haben wir sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Noch dazu stand der Winter vor der Tür und es war klar, dass ich mich unter diesen Umständen auf ein kurzes Leben einstellen muss. Nun haben aber beherzte Tierschützer einige von uns einfangen können und ich gehöre zu den Glücklichen, die nun eine Chance auf ein langes Leben erhalten haben. Mein Alter ist nicht bekannt, aber man kann davon ausgehen, dass die Tiere in Ottenthal alle noch sehr jung sind, denn alt geworden ist da von uns niemand. Natürlich bin ich aufgrund meiner Vorgeschichte sehr scheu, aber ich hoffe, dass es da draußen Menschen gibt, die vielleicht gerade das berührt. Menschen, die mir dabei helfen wollen Vertrauen aufzubauen und mich an das Leben in einem Gehege zu gewöhnen. Da ich viel Platz gewöhnt bin wünsche ich mir ein möglichst geräumiges Zuhause mit mindestens einem Kuschelfreund. Ich lebe derzeit in Außenhaltung.
Dezember 2011

Auch nach Monaten bei der Helpline war ich den Menschen gegenüber noch sehr scheu. In Absprache mit verschiedenen Fachleuten haben meine Pflegemöhrchenspender erkennen müssen, dass unsere ungewöhnliche Geschichte auch einen für die Helpline ungewöhnlichen Weg erfordert. Manche von uns konnten sich an das Leben in Menschenhand einfach nicht gewöhnen, obwohl schon viele Monate vergangen waren. Deshalb musste gehandelt werden. Gemeinsam mit 4 weiteren Ottenthalern durfte ich bei einem Tierpark einziehen. Hier bewohnen wir ein großes Gelände mit vielen anderen Kaninchen und dürfen wieder selbständig leben. Aber im Gegensatz zu Ottenthal stören wir hier niemanden, wir sind alle kastriert und geimpft und gesund. Die Entscheidung ist dem Team der Helpline sehr schwergefallen, aber alle hoffen, dass wir nun ein schönes Leben haben und im Kreise von Artgenossen und akzeptiert und versorgt von Menschen in eine schöne Zukunft hoppeln - aber dass wir die Freiheit, in die wir einst hineingeboren worden sind, zurückbekommen.
Juli 2012